Der Insider
Der Zoll und die Yacht
15.08.2012

Unversteuert nach Griechenland segeln?

Yachteigner aus EU-Ländern haben ihre unversteuerten Boote in türkischen Marinas liegen und sind verunsichert wenn sie im Internet lesen, welche "Ängste" an der Adriaküste kursieren, weil Kroatien ab 1. Juli 2013 in die EU aufgenommen wird. Dort liegen viele unversteuerte Yachten aus EU-Ländern, die ab dann zur Mehrwetsteuer-Nachzahlung verpflichtet sind.

So kommt immer wieder die Frage auf, ob man denn sorglos von Rhodos nach Patmos segeln könne oder ob man irgendwann irgendwo vom griechischen Zoll aufgebracht und zur Kasse gebeten werde. Generell herrscht Unsicherheit auch darüber, wie eine Segelyacht zoll- und steuerrechtlich behandelt wird, wenn man mit seiner in einem EU-Land gekauften Yacht nach längerem Außenaufenthalt in die EU zurückkehrt. Thomas Berger hat vor Jahren das Thema grundsätzlich recherchiert. Wir veröffentlichen hier mit seiner Erlaubnis das Ergebnis. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass sich einzelne Zollpositionen zwischenzeitlich geändert haben können. Man erkundige sich im Einzelfall jeweils aktuell.


Von Thomas Berger / E-Mail: berger@archtools.de

Zoll, Mehrwertsteuer und Einfuhrumsatzsteuer
Zunächst zum Grundsätzlichen: Eine Segelyacht ist eine Ware wie alle anderen Waren auch. Beim gewerblichen Handel mit Waren innerhalb der EU muss der Verkäufer in der Regel Umsatzsteuer (vulgo "Mehrwertsteuer", in Deutschland derzeit 19%, anderen Ländern auch mehr) auf den Preis aufschlagen und er muss diese eingenommene Umsatzsteuer an sein zuständiges Finanzamt abführen. Beim Import von Waren aus dem Ausland ersetzt die sogenannte Einfuhrumsatzsteuer in gleicher Höhe diese Mehrwertsteuer, und diese muss auch vom privaten Käufer an die Zollbehörden entrichtet werden. Zusätzlich wird beim Import auch Zoll fällig, der u.a. die Aufgabe hat, die heimische Wirtschaft vor Billigimporten zu schützen.

Die Rückwarenregelung
Werden nun Waren aus dem Zollgebiet verbracht, die später zurück geholt werden sollen (z.B. eine Kameraausrüstung oder eine Segelyacht), dann läuft man bei der Rückkehr Gefahr, dass die Zollbehörden Zoll und Einfuhrumsatzsteuer nochmals kassieren - der Zöllner kann schließlich nicht wissen, ob die Ware nicht vielleicht doch gerade erst im Ausland gekauft wurde. Dieser Gefahr kann man entgehen, indem man einen Nachweis darüber mit sich führt, dass die Ware innerhalb der EU gekauft wurde, oder dass die Ware bereits früher in die EU importiert wurde und dass dabei Zoll und Einfuhrumsatzsteuer bezahlt wurden. Dieser Nachweis kann beispielsweise der Kaufvertrag (möglichst mit Angabe der Seriennummern) sein, oder aber die Belege für die Entrichtung der Einfuhrabgaben.


Hat man die Ware innerhalb der EU privat gekauft, dann wurde dabei keine Mehrwertsteuer berechnet, und dann kann man die frühere Zahlung der Mehrwertsteuer durch den Vorbesitzer eventuell nicht nachweisen. In diesem Fall empfiehlt es sich, sich vor der Ausreise (!) eine Bestätigung des zuständigen Zollamts zu beschaffen, in der der "Binnencharakter" der Ware dokumentiert wird.


Yachten, die älter sind als Baujahr 1985, benötigen diesen Nachweis nicht. Dennoch wird selbstverständlich Zoll und Einfuhrumsatzsteuer fällig, wenn so eine alte Yacht im Zollausland erworben und in die EU importiert wurde. Es empfiehlt sich deshalb, hier als Nachweis beispielsweise die Belege für Liegeplatzgebühren o.ä. mit sich zu führen, damit nach einer längeren Reise die Yacht nicht als Importware behandelt wird, oder sich besser ebenfalls eine Bestätigung des zuständigen Zollamts über den Binnencharakter der Yacht zu besorgen.

Der Haken an der Sache
Die oben geschilderte Rückwarenregelung für eine im EU-Zollgebiet erworbene und versteuerte, bzw. früher importierte, verzollte und versteuerte Ware ist leider auf drei Jahre befristet. Und das erst macht die Sache für uns Segler so problematisch. Der "Binnencharakter" der Ware wird nach 3 Jahren im Zollausland aufgehoben, was bedeutet, dass eine Rückbringung der Ware nach mehr als 3 Jahren Aufenthalt im Zollausland als ein ganz normaler Warenimport behandelt würde. Der Rückkehrer müsste also für sein eigentlich schon längst versteuertes Boot Zoll und Einfuhrumsatzsteuer nochmals bezahlen.

Diese 3-Jahres-Frist kann man logischerweise umgehen, indem man die Ware vor Ablauf der 3 Jahre wieder in die EU verbringt, und dazu zählen auch Überseegebiete mancher EU-Staaten. Welche Überseegebiete dazu geeignet sind, ist ein wenig umstritten - glücklicherweise aber spielt dies für Langzeitsegler keine große Rolle, so dass dieser Punkt hier nicht vertieft werden muss.

Der freundliche Zöllner
Viele Langzeitsegler sind weit länger als 3 Jahre unterwegs, und verständlicherweise zahlen sie bei ihrer Heimkehr nur äußerst ungern Zoll und Steuern nochmals für eine Yacht und für Ausrüstungsgegenstände, die schon längst verzollt und versteuert sind. Und zum großen Glück für diese Heimkehrer ist die 3-Jahres-Frist keine starre Regelung: wenn "außergewöhnliche Umstände" dafür sprechen, dann hat jeder Zollbeamte einen Ermessensspielraum, der es ihm gestattet, die Frist von 3 Jahren für die Rückwarenregelung auch auf längere Zeiträume auszudehnen.


Solche "außergewöhnlichen Umstände" können beispielsweise sein, dass der Segler eine lange Reise gemacht hat, dass die Yacht und die Ausrüstungsgegenstände innerhalb der EU erworben bzw bereits früher verzollt und versteuert worden sind, und dass kein Eignerwechsel im Ausland stattgefunden hat.

Leider hat man keinen Rechtsanspruch auf diese Regelung, da diese ausdrücklich in das persönliche Ermessen des Zöllners fällt. Aber die gute Nachricht vom Zollamt Cuxhaven ist diese: ausnahmslos immer wurde bisher bei der Heimkehr eines Langzeitsegler dieser Ermessensspielraum zu Gunsten des Heimkehrers genutzt.

Falls dennoch einmal einem Segler bei seiner Rückkehr nach über 3 Jahren Abwesenheit aus EU-Gewässern dieser Ermessensspielraum nicht zugute käme (nochmals: bisher ist weder in Deutschland noch im EU-Ausland ein solcher Fall bekannt geworden), dann bliebe ihm leider nur der Rechtsweg. Es wäre für diesen hoffentlich nie eintretenden Präzedenzfall zu wünschen, dass TO und/oder andere Organisationen dem Segler dann juristischen Beistand zur Seite stellten.

Die glückliche Heimkehr
Kein Langzeitsegler muss sich also derzeit sorgen, dass er bei der Rückkehr von einer langen Reise mit unerwarteten Rechnungen für Zoll und Einfuhrumsatzsteuer konfrontiert wird. Weder muss er seine Reise innerhalb von 3 Jahren beenden, noch muss er innerhalb von jeweils 3 Jahren bestimmte überseeische EU-Gebiete anlaufen.


Besondere Vorsicht aber sollte man walten lassen, wenn man im EU-Ausland eine Segelyacht erwerben und mit dieser in die EU zurück kehren will. Auch dann, wenn der Verkäufer EU-Bürger ist, und wenn für die Segelyacht die Nachweise für eine frühere EU-Versteuerung vorliegen, wird nämlich bei Rückkehr mindestens die Einfuhrumsatzsteuer fällig. Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, sollte der Eigentumsübergang deshalb nach Möglichkeit innerhalb des EU-Gebiets erfolgen.

Selbstverständlich empfiehlt es sich, schon vor einer Reise den Steuerstatus von Schiff und Ausrüstung durch Kaufverträge, Einfuhrpapiere usw gut zu dokumentieren, und sich diesen Status möglichst auch von einem Zollamt bestätigen zu lassen. Auch wenn es nicht unbedingt erforderlich ist, kann es natürlich nicht schaden, auch unterwegs alle Unterlagen zu archivieren, die das Anlaufen von Überseegebieten von EU-Staaten belegen. Dann wird man aller Voraussicht nach auch bei einer Rückkehr nach vielen Jahren keine Probleme mit dem freundlichen Zöllner bekommen.

Kauf einer gebrauchten EU-Yacht außerhalb des EU-Gebietes und Rückführung in die EU:
Die Rückwarenregelung kann grundsätzlich nur der in Anspruch nehmen, der das Boot auch exportiert hat (bzw. ins EU-Ausland verbracht hat). Findet im EU-Ausland ein Eignerwechsel an einen anderen EU-Bürger (mit Wohnsitz in der EU) statt, und bringt der neue Eigentümer das Boot zurück, dann braucht er aufgrund der vorhandenen Nämlichkeitsbescheinigung (INF 3) keinen Zoll zu bezahlen, aber es fällt sehr wohl die Einfuhrumsatzsteuer an. Das ist insgesamt auch logisch, denn der Zoll soll ja die heimische Produktion schützen, was in dem Fall aber ja schon erledigt ist. Die Einfuhrumsatzsteuer aber soll die Mehrwertsteuer ersetzen, die bei jedem Kauf von einem gewerblichen Händler neu anfällt.


CE-Zertifizierung bei Kauf eines Boots außerhalb der EU:
Der Zoll hat damit nichts zu tun, das Boot kann völlig problemlos eingeführt werden. Laut dem für die Anmeldung von Sportbooten zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamt ist eine nachträgliche CE-Zertifizierung auch nicht nötig, solange man das Boot nicht gewerblich einsetzt (z.B. zur Vermietung). Auch ein (nichtgewerblicher!) Weiterverkauf des importierten Boots wird durch das fehlende CE-Zeichen nicht behindert.
Thomas Berger

Der ADAC hat in einem PDF-Dokument das Wichtigste zur Umsatzsteuer für Boote innerhalb der EU zusammengestellt: klick

Die Kreuzer-Abteilung des DSV hat ein Merkblatt der deutschen Zollbestimmungen für Schiffsführer von Wassersportfahrzeugen herausgegeben: klick

Aufschlussreich ist auch der Bericht in boote vom 20.4.2012 "Mehrwertsteuer: Was Eigner wissen müssen": klick


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