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Anders als Marmaris:
Insider-Törntipp Çesme-Ayvalik Törnbericht von Insider aus YACHT Heft 16/1997 ergänzt durch aktuelle Daten 2009 In diesem Revier ist manches anders als weiter im Süden bei Marmaris und Fethiye. Wer im Sommer zwischen Kusadasi und der Dardanellen-Mündung segeln will, muss davon ausgehen, dass meist ein kräftiger nördlicher Wind weht, der das Segeln sportlich macht. Neuerdings gibt es hier einige perfekte Marinas, die hervorragenden Schutz und Versorgungsmöglichkeiten bieten. Einezlheiten dazu klick. Positiv ist außerdem, dass es nicht viel "Verkehr" gibt, die Buchten also weitgehend leer und still sind. Darüberhinaus ist es im Hochsommer, wenn bei Marmaris ![]() Segler, die gerne auf der hohen Kante sitzen, den reichlichen Wind zu genießen wissen, lieber Neuland entdecken und bereit sind, abends auch mal einen Pullover überzuziehen - und die sich in einer einsamen Bucht nicht verloren vorkommen, wenn keine anderen Yachten neben ihnen liegen, sollten die Küste zwischen Kusadasi und der Mündung der Dardanellen in ihre Törnüberlegungen einbeziehen. Mittelhohe Berge und die griechischen Inseln Chios und Lesbos begrenzen das Revier. Der tief ins Land einschneidende Golf von Izmir unterbricht die Küstenlinie und öffnet Groß- und Fährschiffen den Zugang zur drittgrößten Stadt des Landes. Kleinere Orte wie Sigacik, Çesme, Foça, Dikili und Ayvalik haben den handfesten Charme von Fischer- und Handelshäfen. Ihre Gemeindeväter sind teilweise auf die Wünsche der Segler eingegangen und haben sichere Marinas für durchreisende Yachten eingerichtet.
Man mag den Fortschritt bedauern. Bisher ist das Revier noch nicht überlaufen. Ob sich das durch die Marinas ändern wird? Die Golfe und Buchten sind von überraschender Schönheit und bieten guten Schutz. Einzig die allgegenwärtige Bebauung mit den an der gesamten Küste so beliebten Ferienhaussiedlungen (shoe boxes), verdirbt mitunter die Optik.
Zwei Törnrouten sind möglich: eine südliche, Richtung Kusadasi und eine nördliche über den Izmirgolf Richtung Ayvalik. Da wir in den Sommermonaten unterwegs sind und den letzten Teil des Törns mit "Rückenwind" segeln wollen, entscheiden wir uns für die nördliche Route. (Törns nach Griechenland sind ebenfalls machbar, werden jedoch in diesem Törntipp ausgeklammert). Der bewährten Törnregel folgend, im ersten Drittel der Törnzeit bis zum Wendepunkt und anschließend entspannt zurück, stülpen wir die Siebenmeilenstiefel über und setzen in drei entschlossenen Schritten zur Wendemarke Ayvalik an, um dann mit Raumschotswind die schönen Golfe und Buchten auszusegeln. Am ersten Törntag machen wir uns mit der Yacht vertraut und kreuzen im geschützten Revier des Ildirgolfes. Zahlreiche Ankerbuchten bieten sich an. Wir entscheiden uns für die mittlere an der Südküste der Insel Kara Ada, die wegen ihrer Esel beliebtes Tagesziel ist. Achtung Fallböen: Anker gut eingraben und genügend Kette stecken; ggf. Landleine ausbringen. Ziel des nächsten Tages ist Foça. Wir starten früh am Morgen und kreuzen gegen den sommerlichen Nordwind durch die Passage zwischen der Chios vorgelagerten Insel Oinousai und der türkischen Halbinsel Karaburun mit ihren steil ins Meer abfallenden Berghängen. Liegt der Leuchtturm auf der Nordwesthuk von Karaburun hinter uns, gewinnen wir den freien Seeraum südlich von Lesbos. Im Südosten öffnet sich die Einfahrt in den Golf von Izmir und nordöstlich lockt der Golf von Çandarli mit der Flussmündung des Bakirçay. Südlich liegt die Aliaga-Bucht mit Ölraffinerien und Abwrackwerften für ausgediente Frachter und Tanker. Um diese Bucht machen wir einen großen Bogen und steuern zum Insel-Archipel bei Foça. Der Club Mediterrané hat hier eine seiner schönsten Anlagen. Achtung beim Navigieren durch das klippenreiche Insellabyrinth. Foça selbst ist ein kleiner, sauberer Ort, mit genuesischem Kastell und alter Stadtmauer. Man macht am Kai im Südhafen fest und liegt gut geschützt. Früh am nächsten Morgen geht es auf zum Etappen-Sprung nach Dikili. Nachdem wir das Archipel von Foca verlassen haben, steuern wir über den weiten Golf von Çandarli auf die im Norden sanft aus dem Meer aufsteigende Südostecke von Lesbos zu. Stunden später passieren wir die Enge zwischen türkischen Festland und der Lesbosküste und sehen die roten Dächer von Dikili im nordöstlich einschneidenden Golf auftauchen. Genau gegenüber liegt Mythilini, der Haupt- und Hafenstadt auf Lesbos. Durch die Passage zwischen Insel und Festland weht meist eine kräftige Nachmittagsbrise, gegen die wir sportlich aufkreuzen. Der Hafen von Dikili ist eng und voll belegt mit Fischerbooten. Yachten finden meist keinen Platz. Sollte es nicht möglich sein, einen Liegeplatz zu finden, weichen wir zum ein paar Meilen südlich gelegenen Buchtenparadies von Bademli aus. Von Dikili nach Ayvalik ist es nicht mehr weit. Es geht zwischen Europa (Lesbos) und Asien aufkreuzend hin und her. Bei der Einsteuerung ins Archipel von Ayvalik ist mit großer Sorgfalt zu navigieren: Inselchen und Riffe liegen davor; im inneren Teil führt eine Bakenstrich zur Setur Ayvalik Marina am Rand der Stadt. Im Archipel sind acht bis zehn reizvolle Ankerplätze zu entdecken; insbesondere die Insel Alibey lohnt einen Besuch wegen der Fischrestaurants und der Kirche des Hl. Nikolaus aus griechischer Zeit am geschützten Hafen. Auf dem Kurs nach Süden lassen wir uns Zeit und laufen all die Buchten an, die das Revier so abwechslungsreich machen. Zunächst Bademli Limani mit seinen Ankerplätzen zwischen den vorgelagerten beiden schmalen Inseln und der heißen Thermalquelle auf der Festlandseite gegenüber Kalem Adasi (Bleistift-Insel). Für die Nacht bietet sich die Bucht von Çandarli an, wo wir östlich der Ortschaft und dem eindrucksvollen genuesischen Kastell auf Schlick frei schwojen. Restaurants an Land.
Wer noch Zeit hat, kann von hier ein Stück in den Golf von Izmir hineinsegeln, zum Beispiel zum urigen Fischerhafen Urla. Oder nach Mordogan, Kavurlukoz oder zum Geheimtipp-Platz Kaynarpinar. Nach Izmir selbst würde ich mich nicht hineinwagen: die Gewässer um die Stadt sind unruhig und das Herauskreuzen gegen den kräftigen Tageswind ist mühsam. Wer dennoch nach Izmir will, findet in der Levent Marina an der Südseite des Golfes kurz vor der Stadt einen sicheren Liegeplatz. Die Marina hat einen neuen Eigner; sie wird im Winter 2003/04 überholt. Wer genügend Zeit hat, läuft südlich von Çesme die Buchten Alaçati (Alaçati Marina), Mersin, Zeytineli, Sarpdere und Gökliman oder die neue Marina von Sigacik an, die noch nicht fertig ist, aber in der man schon längsseits liegen kann. Von hier ist es nur noch ein Tagesschlag nach Kusadasi.
Bei starken Winden, die die Nacht durchblasen, muss man grundsätzlich früh morgens aufbrechen, da der Wind am Nachmittag noch zulegt. Für den Törn nach Norden würde ich 1/3 der Zeit für die Nordfahrt einplanen und 2/3 für die Reise zurück. Im Frühjahr und Herbst ist mit wechselnden Winden zu rechnen, auch mit Süd- bzw. Südostwinden. Entsprechend ist die Törnstrategie nach dem Barometer und dem örtlichen Wetterbericht einzurichten. Ankerplätze, die bei sommerlichen Nordwinden sicher sind, bieten in der Regel keinen Schutz bei südlichen Winden und sind deshalb bei Lodos, so der Name für den gefürchteten Südoststurm, unbedingt zu meiden. Die Buchtenbücher geben detaillierte Auskunft, gegen welche Richtung die jeweilige Bucht geschützt ist.
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