Tipp für Wanderer: Von Datça Hafen zum mystischen Traumort Hacetevi
von Carla Winkler-Mayer Von Datça zum mythischen "Träumeort" Hacetevi
Ich lebte einige Jahre auf der Datça-Halbinsel und durfte dabei einen tieferen Einblick in das Leben der Einheimischen nehmen. So konnte ich beobachten, dass sich in den letzten 40 Jahren ein enormer Wandel vollzogen hat: Auf der einen Seite die starke Ausrichtung auf die Moderne mit technischem Fortschritt und Wachstumszielen, auf der anderen Seite die Rückbesinnung auf alte Traditionen und das Wiederentdecken der eigenen Geschichte.
Zum Beispiel wird in Hizirsah, einem Dorf in der Nähe von Datça, seit einigen Jahren wieder Seide gesponnen und gewebt (zu besichtigen im alten Schulhaus). Auch wurde der spirituelle Platz, das Hacetevi, in den nahen Bergen von Hizirsah wieder entdeckt. Unser Wanderziel für heute ist deshalb nicht nur das alte Dorf Hizirsah, sondern auch der sogenannte 'Traumplatz' Hacetevi.
Das Wundersame dieses Platzes ist, dass man dort angeblich besonders gut träumen kann. Wer der türkischen Sprache einigermaßen mächtig ist kann sich - falls er die Bedeutung seiner Träume nicht versteht - von den Dorfältesten von Hizirsah bei der Deutung helfen lassen. Freilich bleibt es dem Wanderer überlassen, ob er sich dem 'Traumplatz' hingeben möchte oder nur die herrliche Wanderung (ca. 2 Stunden) rund Hizirsah und Hacetevi machen möchte. Dank der Dorfinitiative und einiger Unterstützer ist dies eine der schönsten Wanderungen von Datça aus.
Wenn wir mit der Yacht im Hafen von Datça liegen, bietet es sich an entweder mit dem Taxi oder dem Dolmus nach Hizirsah zu fahren (ca. 5-6 km). Da wir aber lieber laufen, folgen wir vom Hafen der Atatürk Caddesi, die in den Ahmet Taner Kislali Bulvari und dann in die Kazim Yilmaz Caddesi übergeht. An der ersten Tankstelle (Kara Petrol) biegen wir nach links ab in Richtung Hizirsah (manchmal fehlt das Ortshinweisschild!).
Dem Straßenverlauf folgend entdecken wir links eine alte, restaurierte Moschee, von der erzählt wird, dass hier geheimnisvolle Lichter gesehen wurden, die - so hat man das gedeutet - den mystischen Ort Hacetevi schützen sollen. Ein kurzes Stück weiter biegen wir auf den bergauf steigenden Schotterweg nach links in Richtung Hacetevi ab. Bei gutem Wetter können Autos diesen Weg noch ein Stück bis zu dem im Plan gekennzeichneten Parkplatz fahren. Doch wir wollen ja wandern, um die landschaftlichen Eindrücke genießen zu können.
Hier links den Hügel hinauf abbiegen
Blick zum Kocadagi und dem Radarberg
Für ca. 15 Minuten folgen wir diesem Schotterweg stetig leicht bergauf, der nach einer weiten Biegung an einer großflächigen, teilweise mit Zypressen umsäumten Grundstückeinfriedung entlang führt. Unser Blick schweift nach Westen zum beherrschenden Berg Kocadagi mit seinen 1162 Metern und der Radarstation auf dem Gipfel. Da wo das Hinweisschild in Richtung Ziel Hacetevi zeigt,muss das Auto (so man denn mit diesem kommt) geparkt werden. Ab hier geht es zu Fuß weiter.
Blick zum Dorf Hizirsah und weiter bis zur Ägäis
...letzter Standplatz für Autos, im Plan bei P
Wir folgen dem Pfad ungefähr 50 Minuten und lassen uns von den weißen Wegmarkierungen leiten, die gelegentlich auf Felsenbrocken und auch an Baumkrüppeln aufgemalt sind. Ein phantastischer Ausblick belohnt uns von hier oben: Im Norden die Ägäis und im Süden das Mittelmeer, dazwischen die Dörfer der Datca Halbinsel und der hohe Kocadagi.
...aus dem Schotterweg wird ein schmaler Pfad
...weiße Wegmarkierung führt zum Ziel
Immer wieder neue atemberaubende Ausblick lassen uns anhalten und die Schönheit der weiten Landschaft genießen. Nach einer guten Stunde gemächlichen Wanderns erreichen wir das Schild Hacetevi - und sind am Ziel! Auf dem Schild wird darauf hingewiesen, dass die Steine in der "Traummulde" nicht fest liegen und dass deshalb Gefahr von Verletzungen besteht. Besucher werden außerdem gebeten sich sessiz - ruhig - zu verhalten und keine Steine mitzunehmen.
Linkerhand liegt der ungefähr 70 Meter hohe Hacetevi Hügel. Wir klettern hinauf und blicken in drei Mulden aus groben Steinen. Die Legende sagt, wer sich in eine dieser Mulden legt und die Augen schließt, soll in wundersame Träume eingesponnen werden
Phantastische Ausblicke auf Landschaft und Meer
...am Ziel, dem "Traumort" Hacetevi angekommen
Steinbett Hacetevi zum Träumen
...weiter geht der Weg abwärts zum Dorf Hizirsah
Wir halten inne, genießen die Ruhe und überlegen wie viele Menschen sich zum Träumen wohl schon in dieses 'Steinbett' gelegt haben mögen und was sie wohl geträumt haben könnten. Es ist unglaublich still, wir sind ganz alleine - nichts hindert uns daran die Probe aufs Exempel zu machen und es auch zu versuchen! Aber es gelingt nicht, Träume auf Befehl wollen sich nicht einstellen.
Der Platz hat etwas eigenartig Geheimnisvolles. Es dauert eine Weile bis ich mich lösen kann und wir den Rückweg antreten. Dem Rundgang folgend geht es abwärts zwischen himmelragenden Zypressen, Olivenhainen und kleinen Äckern zum Dorf Hizirsah. Unterwegs kommen wir an aufgerichteten Steinmauern vorbei, an denen informative Wandtafeln mit Fotos und Erklärungen angebracht sind. Sie informieren über den mythischen Platz und die Tier- und Pflanzenwelt der Datca-Halbinsel. Eine Extratafel erklärt die Funktionsweise einer alten Windmühle und zeigt verschiedene antike Orte rund um Hizirsah.
Wetterfeste Wandtafeln an Steinmauern erklären die Umgebung
...der Weg zum Teehaus im Dorf Hizirsah
Für 'ernsthafte Träumer' nachfolgend die überlieferten Empfehlungen der Einwohner von Hizirsah:
Man soll während des Tages hinauf gehen, sich vorher gewaschen haben und ausreichend Essen und Trinken mitnehmen. Angekommen soll man zwei Gebete verrichten und Allah bitten, die Wünsche und Gebete zu erhören. Danach soll man sich in eine der Steinmulden legen, die Augen schließen und eine halbe bis eine Stunde träumen. Zurück soll man nicht auf dem selben Weg gehen, den man herauf gekommen ist. Die übrig gebliebenen Lebensmittel soll man an die Tiere verteilen. Von den Ältesten im Dorf soll man sich dann seine Träume erklären lassen.
Unabhängig davon wird erzählt, dass an religiösen Feiertagen und auch mittwochs Lichter in der alten Moschee vor Hizirsah gesehen wurden. Diese Lichter sollen von den Hacet-Frauen (oder auch Mittwochs- Frauen) getragen worden sein, um den Ort Hacetevi und das Dorf zu beschützen.
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