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- | Wandern auf dem Carian Trail: Von Domuzçukuru nach Hayitbükü von Insider 17.05.2014
Süleyman bringt uns Harry, Marinic und mich mit dem Boot eines Freundes in einer knappen 3/4 Stunde zum wildschweinigen Startstrand. Unterwegs zeigt er uns die seltsame Kalkstein-Tropfwand direkt am Ufer, die sie hier Pamukkale nennen und die nicht weit davon entfernt liegende Felsenhöhle mit Zugang vom Meer. Anlanden in der Wildschwein-Bucht ist etwas schwierig, da die verrostete Steganlage keine Bohlen hat. Aber es geht. Am Ufer erwartet uns Mustafa, ein bärtiger Istanbuler, der schon 3 Jahre hier wohnt. Die Behörden haben ihm seine kleine Taverne geschlossen ohne Begründung. Er schimpft auf die Regierung und den Gouverneur von Mugla, fuchtelt mit den Händen und fragt, ob wir wirklich genügend Wasser dabei haben für den Trail. Vielsagend grinsend wünscht er uns alles Gute und schlendert davon. Na dann. Bis Hayitbükü sind es laut Buch "nur" 8,7 km, aber die Strecke soll es in sich haben. Man passiert das Death Valley, in dem es nichts gebe außer hohen Bergen und einem anstrengenden, sehr anstrengenden Aufstieg im Hinterland. Wir werden sehen. Um 9:35 es geht los.
Beim Abstieg durch schräg fallenden Gelände raschelt es plötzlich im Gebüsch. Nur ein paar Meter entfernt bricht ein Wildschwein auf und prescht mit erhobenem Schwanz wie ein durchgehende Kuh davon. Harry hat es gesehen, ich auch, Marnic nicht. Was machen wir, wenn so ein Rüpel auf uns zu rast, die Hauer gesenkt? Harry holt sein Ranchermesser aus dem Rucksack wir lachen. Das wird vermutlich wenig helfen. "...die hauen meist ab", informiert uns Harry. "Aber wehe, wenn wir einer wildschweinigen Kinderstube zu nahe kommen." Wir hoffen auf eine ferkellose Route. Etwas später fragen wir uns, ob die extrem großen Scheißhaufen, die überall vor sich hinlümmeln, von den Wildschweinen stammen oder ob es hier vielleicht auch Elefanten gibt. Die ersten drei Kilometer geht es mal Hügel auf, mal Hügel ab, immer mit einzigartigen Ausblicken auf die vorbeiziehenden Yachten und bis zum griechischen Thilos hinüber. Zwischen den Hügelpassagen liegen kleine Kieselstrände. Up and down beschreibt Dean Liveley in ihrem Buch diesen Abschnitt. Das geht ohne Anstrengung und ist im kühlen Morgenwind, der vom Meer herüber weht, ein wahrer Wandergenuss. Die locker stehenden Pinien auf den Hügeln bieten angenehmen Schatten. Wir laufen im Gänsemarsch, mal der eine vorne, mal der andere. Der Pfad ist schmal, von vertrockneten Gräsern gesäumt, an den Schuhen sammeln sich kleine stachlige Pillen, die picken. Lange Hose sollte sein. Marnic mit seiner kurzen Short ist eigentlich underdressed.
Der Trial führt immer am Meer entlang, an Klippen vorbei mit herunter gestürzten rostroten Felsen und alten, morschen, vor vielen Jahren vom Sturmwind gefällten Bäumen, die schon wieder Erde werden. Das Gelände ist offen, wir haben Ausblicke fast bis hinter den Horizont, wo weiße Wolken wie Schneehauben auf den fernsten Inseln liegen. Vor mir bahnt sich Harry mit seinem Skistock einen gerölligen Hang hinunter. Er stützt sich nach vorne ab und verhindert so das Rutschen und vielleicht auch das Fallen. Seinen zweiten Stock hat er mir gegeben. Ich hab zuerst gesagt, brauch ich nicht, find ich albern, so wie die Nordicwalker auf den Bürgersteigen in den Städten, nee. Jetzt beim Abstieg jedoch erweist sich der Stock als äußerst hilfreich. Gestern noch abgelehnt muss ich ehrlicherweise zugeben: hier auf dem Carian Trial sollte er zur Ausrüstung gehören.
Eben ging es etwas sanft zum Meer hinunter, jetzt geht es wieder leichtgängig über rotes Geröll bergan. Hinter uns bleibt eine schmale Schlucht mit einem Wasserrinnsal. Ich wade durch den Süßwassertümpel, um das Salz aus Schuhen und Hose zu spülen. Nach dem langen mit unglaublich viel angeschwemmten Bambusstangen gesäumtem Strand hier muss irgendwo ein Bambusfrachter gestrandet sein geht es über dichten Nadelboden einen Pinienhang hinauf. Dort oben, im Schatten der Bäume, machen wir eine Trinkpause und lassen uns Marnics Garmin GPS erklären.
Wir befinden uns jetzt im Death Valley. Ringsum sind rötlich-braune steile Berge, weiter unten grün bewachsen, mit Schluchten und Senken. Alles sehr abweisend. Tröstlich: hinter uns ist das Meer, doch vor uns träut der Berg, den wir hinauf müssen. Die letzte Etappe raus aus dem Tal des Todes. Uff-uff, der große Hang, der strengt an. Die Luft wird mir knapp, ich muss mich alle 30 Meter hinsetzen, Harry und Marnic wieseln voran. Wie machen die Mountainclimber das am Mount Everest? Endlich auf dem 192 m hohen "Gipfel". Wir blicken schnaubend auf unser Ziel Hayitbükü hinunter. Wenn ich das hier mit dem Stromboli vergleiche, der ist um 700 m höher und wir sind damals in einem Rutsch hinauf vor 25 Jahren! Ja, so ist das mit dem Älterwerden. Bald geht der Atem wieder ruhig, das Herz schlägt nicht mehr wild. Marnic und Harry, beide gute 20 Jahre jünger, tun so als sei das alles gar nichts. Wir reden über die Lust des Radfahrers am Steilhang. Marnic ist Mountainbiker und behauptet, je steiler, desto größer das Lustgefühl. Irgendwie kann ich das nicht glauben. Geschafft! Wir sind wieder auf Meereshöhe im trockenen Bachbett, das gleichzeitig als Müllhalde dient. Es ist genau 15 Uhr. Also 5 1/2 Stunden. Nach weiteren 15 Minuten stehen für jeden ein kühles Efes und ein leckeres Börek bei Süleyman und Mahmut im Ortam vor uns auf dem Tisch. Harrys Schlusswort: Das macht schon einen Riesenspaß, wenn da nicht das Gerutsche wäre. Da kann man schnell straucheln, einen Fuß verknacksen und liegen bleiben. Deshalb niemals alleine los gehen! Unbedingt Handy mit GPS-Funktion mitnehmen. Ansonsten wunderbar. weiter zum 2. Teil Hayitbükü nach Palamut: klick
Was braucht man für eine Wandertour auf dem Karischen Weg: |