Der Insider
Von einem Türken der auszog die Profi-Segelwelt zu erobern
14.06.2015


Team Turx beim Rennen auf den Extreme 40 Kats


Nachdem die Türkei seit Jahrzehnten als Revier boomt, entdecken die Türken nun das Segeln für sich – auch das Top-Level Regattasegeln. Einer, der ganz vorne dabei ist, ist Edhem Dirwana, der in Bozburun den kleinen aber feinen Bozburun Yachtclub betreibt.

Der junge Türke ist mit dem Jollen- und Fahrtensegeln bei seinem Vater groß geworden, managt heute das wohl aufregendste Segel-Projekt der Türkei: Der 37jährige aus Istanbul ist mit seinem Team auf einem Kat der Extreme-40 Klasse unterwegs, die rund um die Welt an prominenten Austragungsorten spektakuläre Kat-Rennen bietet. Die Klasse, einst als Vorprogramm des Volvo Ocean Race entstanden, gehört zusammen mit den Kats der neuen Americas Cup Klasse AC 45 zum ambitioniertesten Multihull-Segeln der Welt. Hier sind internationale Top-Stars am Start.

Edhem ist seit langem den Mehrrümpfern verfallen. Wer in Bozburun segelt, begegnet regelmäßig seinen beiden Booten, einem älteren aber pfeilschnellen Formula 40 Kat und einem gleichgroßen Tri, die er entweder selber auf einem Rumpf durch die Bucht peitscht oder aber an Gäste für Tagestörns mit Crew vermietet.


Die beiden 40-Fuß Multihulls vor dem Bozburun Yacht Club in voller Fahrt


Wir sprachen mit Edhem über sein Projekt:



Ein türkisches Team auf diesem Level von Regatta Segeln ist etwas Neues für die Türkei. Wie ist das zustande gekommen?
Für uns ist damit ein Traum wahr geworden. Es fing alles an, als ich meinen ersten Katamaran bekam und ich merkte, dass das genau das ist, was ich ich will. Die Sache ist, dass wir in einem Land leben, dass so enorm viel Potential für eine Entwicklung des Wassersports hat. Und trotzdem sieht man so wenig Türken in den höchsten Regatta-Klassen. Das muss sich ändern. So fand ich als erstes einen alten Formula 40 Katamaran mit dem ich türkische Segler aus den Olympischen Klassen auf dieses High Performance Racing vorbereiten konnte. Die besten Segler waren hoch erfreut über diese Idee und machten freiwillig im Team mit. Dann lernte ich Mitch (Booth) kennen und konnte ihn überzeugen, uns zu trainieren. Er hat unsere Art, diese Boote zu segeln völlig verändert. Wir haben die letzten Jahre hart gearbeitet, um dorthin zu kommen, wo wir jetzt sind und es fühlt sich einfach gut an, das erste türkische Team zu sein, das auf so einem internationalen Event mithalten kann.

Ihr habt nun bereits drei Läufe der Extreme Sailing Series hinter euch und die Resultate sprechen für sich – nach einem 8. Platz wurdet ihr nun zweimal Fünfte! Kannst du eure Erfahrungen in der Klasse erläutern?
Wir sind ein junges, hungriges Team, das Erfolg haben will. Wir haben einen großartigen Coach und Skipper (Anmerk: den Ex-Tonado Weltmeister Mitch Booth). Es passt alles gut zusammen. Wir haben zwar unterschiedliche Crew-Zusammensetzungen probiert, aber trotzdem werden wir jeden Lauf besser. Es ist nicht leicht, vorne mitzufahren, das Niveau ist sehr hoch. Doch langsam aber stetig kommen wir dorthin.

Wie ist es, so ein Geschoss von einem Boot, das leicht über 30 Knoten fährt, in einem Feld von Weltklasse-Skippern zu segeln?
Sehr aufregend! Ich war zwar zuvor schon als Gast bei einigen Rennen an Bord, bevor wir das Team gründeten. Aber die Boote selber in einem Feld zu bewegen, lässt dein Herz noch einmal ganz anders schlagen. Die Positionen wechseln andauernd, es gibt nie einen einzigen langweiligen Moment! Du musst die ganze Zeit voll konzentriert sein und musst möglichst vorausschauen, was passiert.
Die größte Überraschung war für uns aber, wie herzlich wir in dem Kreis der Serie aufgenommen wurden. Es ist eine großartige Gemeinschaft, die Spaß am Wettbewerb hat. Obwohl wir alle Rivalen sind, ist die Stimmung an Land immer sehr gut.


Der Bozburun Yacht Club


Bei solchen Booten segelt immer die Gefahr einer Kenterung mit. Ist das belastend?
Es ist sehr, sehr stressig, aber zugleich auch Teil des Vergnügens! Obwohl das Kentern mit so großen Booten kein Spaß ist, deswegen tragen wir schließlich auch Helme! Das Segeln auf Messers Schneide ist ein großer Adrenalin-Rausch. Deswegen drängen ja so viele Top-Segler in die Klasse!

Wie sind eure Ziele für diese Saison?
Wir wollen in einem der Läufe aufs Podium fahren. Das ist für ein Newcomer Team schon ein ziemlich ehrgeiziges Ziel. Die Serie gehört zu den schwierigsten der Welt, aber wir Türken sind berühmt dafür, das Unmögliche möglich zu machen! Mit harter Arbeit und Überzeugung ist das zu schaffen. Ich würde so gerne meinem Land zeigen, dass wir so viel mehr im Wassersport erreichen können. Und wenn wir so weitermachen, sehe ich das Team im 36. Americas Cup. (Anmerk.: damit ist der übernächste Cup gemeint, der 35. findet 2016/2017 statt).

Mit dem Australier Mitch Booth habt ihr einen der Top-Weltklasse-Multihull-Segler im Team. Kannst du seine Rolle etwas beschreiben?
Mitch ist unser Mentor, unser Trainer und unser Skipper. Er hat in diesen Booten einfach eine riesige Erfahrung. Genau genommen hat er die Boote maßgeblich designt. Aufgrund dieser Erfahrung bleibt er immer ruhig. Er ist wie der Meister Yoda des Grand Prix Segelns. Er hält uns motiviert und immer bereit zum Sprung. Und wenn sich das Team entwickelt, pusht er uns härter und verbessert so die Resultate. Ohne ihn wären wir nicht, wo wir sind. Sein Wissen um die Boote macht uns das Leben auf dem Wasser aber auch an Land so viel einfacher.

Was kostet eigentlich so ein Projekt?
Für eine ganze Meisterschaft inklusive Boot brauchst du ungefähr 800.000 Euro. Es ist nicht leicht, das Geld über Sponsoren zusammen zu bekommen, wenn du ganz am Anfang stehst. Aber die Klasse unterstützt Teilnehmer beim Marketing und Betreuung der VIP-Werbe-Kunden sehr gut. Im Laufe der Serie und mit den besseren Resultaten haben wir eine Menge Medien-Aufmerksamkeit in der Türkei bekommen. Die Meinung von Sponsoren zum Thema verbessert sich seitdem kontinuierlich. Die Firmen entdecken Segeln als Kommunikations-Tool.

Wie bist du zum Segeln gekommen ?
Zum ersten Mal auf einem Boot war ich mit 10 Monaten. Mein Vater war ein echter Yachtie. Ich war immer mit ihm segeln. Wir sind Regatten mit unser 1929 gebauten Ketch gesegelt. Ich bin auch auf Dinghies und Kielschiffen Regatten gefahren, habe gesurft. Ich war der Vorsitzende der Laser Klasse in der Türkei. Aber dass das Segeln zum Beruf wurde begann erst, als ich meinen Job in Istanbul gekündigt habe und hier in den Süden kam und unser Sommer-Haus in den Bozburun Yacht Club umwandelte.

Ich hörte mal, dein Vater hätte das Haus nur wegen der guten Brise hier gewählt...
Er hat den Standort sehr klug gewählt. Bozburun ist einer der besten Spots zum Segeln in der Welt. Er hat uns hier ein Sommerhaus gebaut, das wir seit 1981 nutzen. 2009 bin ich dann mit Unterstützung meiner Familie hierher gezogen und habe ein Geschäft daraus gemacht. Dann kamen die schnellen Multihulls dazu und wir haben angefangen, das auch Gästen anzubieten. Wenn ein Besucher Lust auf schnelles Multihull Segeln hat, kann er einfach vorbei kommen und mitsegeln?
Ja klar, wir nehmen Tagesgäste für eine Fahrt auf unserem Formula 40 Tri oder Kat mit. Die Tour kostet 100 Euro pro Kopf, doch der Nervenkitzel auf diesen Booten ist garantiert! Wir haben aber auch noch eine Menge anderer Boote anzubieten – historische 12-Fuß-Dinghies, zwei Formula 20 Kats, einen Tornado, einen A-Klasse-Kat und eine Motte!

Mehr Infos zum Yacht Club: www.bozburunyachtclub.com


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