Der Insider
Quo Vadis Griechenland?
22.03.2015




Die Saison steht vor der Tür und viele Eigner fragen sich angesichts der immer brenzliger werdenden Finanzkrise in Hellas, was das für den Törn in der griechischen Ägäis bedeutet. Es mehren sich die Fragen an den „Insider“, ob die 2014 eingeführte Steuer nun doch kommt, die Mehrwertsteuer-Nachweise verstärkt kontrolliert werden oder Schlimmeres droht.

Seit Ende Januar die Syriza Partei die Wahl gewonnen hat, schaut die Welt gebannt auf die neue griechische Regierung: Wird sie, wie angekündigt, das Ruder herum reißen, beginnen die lange geforderte Steuergerechtigkeit umzusetzen? Bislang ist davon erstaunlich wenig zu spüren und hören.

2014 hat die griechische Regierung bereits ein Gesetz verabschiedet, das eine Besteuerung von Yachten, die in griechischen Gewässern segeln, zulässt. Doch die dafür notwendige Verordnung zur praktischen Umsetzung wurde auf Eis gelegt, nachdem die nautische Branche und auch internationale Verbände wie die Kreuzerabteilung des Deutschen Segel Verbandes juristische Bedenken geäußert hatten. Der Insider hatte ausführlich hier darüber berichtet.

Hinter den Kulissen hört man, dass im zuständigen Ministerium wohl tatsächlich 2014 noch weiter an einer Modifizierung der Umsetzungs-Verordnung gearbeitet wurde. Allerdings hört man auch von massiven Interventions-Versuchen der griechischen Charterbranche in Regierungskreisen, um die Pläne zu stoppen. Doch dann erfolgte durch die Wahl und den Sieg von Syriza eine Zäsur. Seitdem scheint alles auf dem alten Stand geblieben zu sein. Die Karten sind neu gemischt, wie nach jedem radikalen Regierungswechsel in einem Land steht eine neue Partei vor dem Problem, einen alten, über Jahrzehnte aufgebauten, Beamten-Apparat auf ihre Linie bringen zu müssen. Auch aus Deutschland wissen wir: So etwas ist schwer und dauert. Wie heißt es so schön in Beamten-Kreisen: Minister und Staatssekretäre kommen und gegen, Sachbearbeiter bleiben.

Nachdem die griechische Regierung nicht einmal auf ein freiwilliges Angebot des Schweizer Finanzministeriums eingegangen ist über die Versteuerung von 800 Millionen Euro griechischer Vermögen in der Schweiz zu sprechen, darf man wohl kaum erwarten, dass der große Wurf unmittelbar bevor steht. Auch Achim Rollhäuser, Vertreter der Kreuzer-Abteilung des DSV in Athen, sieht zurzeit keinen Anlass zur Panik in Sachen Steuer.

Aber natürlich erhöhen die anderen europäischen Länder seit einigen Wochen spürbar den Druck auf Griechenland: Man fordert Reformen, die Regierung Tsipras steht angesichts leerer Kassen und nahender Umschuldungs-Termine mit dem Rücken zur Wand. Es bleibt abzuwarten, ob sie nun zwischen dem nüchternen politischen Alltag der EU und den eigenen Ankündigungen, die Sparpolitik der Troika zu beenden, aufgerieben wird.
Bleibt als Fazit: Die Lage ist schwer einzuschätzen, der immense politische Druck macht die neue Regierung schwer berechenbar. Aber die Historie in Griechenland zeigt nun einmal, dass mit urplötzlichen konsequenten Sondersteuern eher nicht zu rechnen ist. Wegen der 2014 beschlossenen Steuer braucht man sich wohl auch deshalb nicht so große Sorgen machen, da es gegen Ende 2014 so aussah, als ob eine monatsweise Abrechnung möglich ist. Damit können Eigner das Revier relativ entspannt wieder verlassen, sollte sie doch kommen.

Das Beispiel Italien hat außerdem gezeigt, was passiert, wenn ein Staat versucht private Eigner zu besteuern: Sie verkaufen ihr Boot oder weichen in andere Reviere aus. Was zurück blieb ist eine Branche mit Umsatzeinbrüchen und Entlassungen, nicht ausgelasteten Häfen und einem schlechten Image, das oft weiter besteht, auch wenn die Steuer wieder zurück genommen wird, wie im Falle Sardiniens der Fall.


Komplizierter ist die Lage, wenn der Eigner das eigene Schiff ohne ausgewiesene Mehrwertsteuer in der Türkei liegen hat. Bislang sind dem „Insider“ (und auch der YACHT...) in den letzten 10 bis 15 Jahren gerade einmal drei Fälle zu Ohren gekommen, in denen Eigner von griechischen Beamten beim Einklarieren aufgefordert wurden, einen Mehrwertsteuer-Nachweis vorzuzeigen. Alle drei Fälle verliefen später im Sande, kein Eigner hat zahlen müssen. Dazu muss man sagen: Dieser Nachweis ist für einen EU-Bürger, der in einem EU-Land mit seinem Boot angetroffen wird eigentlich Pflicht. Ausnahme: Sein Boot ist alt genug, in Deutschland, Boot vor 1985 gebaut, und damit befreit oder er hat später in Kroatien, Slowenien oder anderen Beitrittsländern nachversteuert. ABER: Lag das eigene Boot drei Jahre in der Türkei und es wurde in dieser Zeit nicht die EU angesteuert, verliert das Boot den Charakter der „Gemeinschaftsware“, wie es im Bürokraten-Deutsch heißt. Es kann eine neue Versteuerung verlangt werden.

Es erscheint nicht sehr wahrscheinlich, dass die griechische Regierung ausgerechnet eine solche Minderheit von Eignern als Zahlungsquelle zu erschließen versuchen wird. Dafür wären auch flächendeckende Kontrollen des Zolls in Häfen das geeignete Instrument, die es überhaupt erst in wenigen Fällen auf den Balearen und in Italien gab. Und dies auch nicht zu Zeiten der Wirtschaftskrise, sondern vor mittlerweile bald zehn Jahren.

Bleibt zuletzt noch die Sorge einiger Leser, als die griechische Regierung in den Medien wegen des Streits um Reparations-Forderungen die Beschlagnahme deutschen Eigentums androhte. Ob auch deutsche Yachten dafür an die Kette gelegt werden könnten, lautete die Frage an den Insider. Die Antwort ist da deutlich einfacher: Das scheint kaum denkbar. Der griechische Staat redete immer nur von deutschem Staatseigentum, nicht Privateigentum. Das wäre juristisch auch gar nicht durchsetzbar. Dieses Risiko ist also verschwindend gering.

Bleibt unterm Strich: Der Wechsel nach Griechenland scheint nicht „gefährlicher“ als 2014. Einem der schönsten Segelreviere der Welt möglicherweise den Rücken zu kehren scheint also eine eher übertriebene Maßnahme. Sollten dem Insider irgendwelche Meldungen zu Ohren kommen, die etwas anderes beinhalten, auch nur ein einziger Fall, wird er sofort hier veröffentlicht.



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